„Über Klimaschutz sprechen, aber wie? Klimagesprächsimpulse für Klimaviertelstunden!“ – Bericht vom 3.Klimadidaktik-Workshop unter Leitung von Dr. Johanna Kranz

Der Klimarat des Studienseminars, 7 gewählte Kolleginnen und Kollegen aus dem gymnasialen Studienseminar, hatten zum 3.Klimadidaktik-Worskhop eingeladen, der wieder von Dr. Johanna Kranz vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen geleitet wurde. Erstmals tagte der Workshop an einer Ausbildungsschule, dem Georg Büchner Gymnasium Bad Vilbel. Die Nähe zur Schule führte dazu, dass auch Kolleginnen und Kollegen der Ausbildungsschulen überaus zahlreich am Workshop teilgenommen haben.

„Deutschland, lass uns reden: über Klima“! Das Motto aus der Arbeit des „Bürgerrats Klima“ leuchtete vor Beginn auf der Leinwand:

Unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten a.D. Horst Köhler (CDU) hatte der Bürgerrat Klima im Jahr 2021 80 Empfehlungen an die Bundesregierung formuliert, und in einer Evaluation festgestellt, dass die Forderung nach mehr Klimaschutz mehrheitsfähig ist (hier kommen Sie zur Auswertung). Bürgerräte gelten übrigens

„als zeitgemäße Ergänzung der repräsentativen Demokratie. In ihnen erarbeitet eine heterogen zusammengesetzte Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam Lösungen für politische Probleme. (…) Bürgerräten wird großes Potenzial zugeschrieben, den Diskurs rund um komplexe gesellschaftliche Herausforderungen – etwa bei Fragen des Klimaschutzes, der Energieversorgung oder der Mobilität – inhaltlich zu bereichern und insbesondere bei unterschiedlichen Ausgangspositionen zu einer Verständigung beizutragen. Zugleich fördern sie ein aktives Verständnis von Bürgerschaft und schaffen demokratische Selbstwirksamkeitserfahrungen für die Beteiligten“ (https://www.rifs-potsdam.de/de/ergebnisse/dossiers/buergerraete ).

Der 3.Klimadidaktik-Workshop wurde am 13.11.2024 von Achim Schröder, dem Leiter des Studienseminars, anmoderiert:

„Vielen Dank dass Sie sich die Zeit genommen haben, um heute in einer Art Laborarbeit, Klimagesprächsimpulse zu erproben. Wenn Sie das heute tun, engagieren Sie sich auch für den Schutz unserer liberalen Demokratie. Jonas Schaible schreibt in seiner bemerkenswerten Studie „Demokratie im Feuer“, dass die Klimakrise alle bekannten Faktoren verschärft, die Demokratien destabilisieren: Die Klimakrise führt zu Extremwetterereignissen und Wohlstandsverlusten. Sie verstärkt das Unsicherheitsgefühl. Sie treibt Preissteigerungen an. Sie vergrößert die soziale Ungleichheit, befördert Abstiegsängste und Freiheitseinschränkungen. Alle diese Faktoren bestärken populistische und demokratiefeindliche Einstellungen in der Gesellschaft. Wenn wir unsere liberalen Demokratien gegen Populismus, Verschwörungserzählungen und Extremismus verteidigen wollen, müssen wir Lehrkräfte dazu befähigen, über den Zusammenhang von Demokratieschutz und Klimaschutz in der Schule sprechen zu können. Mit dem Ziel, demokratische und klimaschutzaffine Haltungen und Handlungen gezielt zu fördern. Danke, dass Sie sich heute in diesem wichtigen Handlungsfeld der Demokratiebildung professionalisieren wollen.“

Wie kann es gelingen, mit Schülerinnen und Schülern wirksame Klimagespräche zu führen?

In Übung 1 wurde ein erster Klimagesprächsimpuls erprobt: „Erzählen Sie sich positive Klimageschichten, Erfolgsgeschichten oder Visionen. Sie können sich an diesen Vorlagen orientieren:

In Erprobung und Auswertung zeigte sich, dass es nicht leichtfällt, zum Thema Klimaerhitzung positive Geschichte zu finden. Einige aber fanden sich schon, die erzählt werden konnten. Zum Beispiel die Erfolgsgeschichte der Mobilitätswende, dass ein kleines E-Auto in Anschaffung + Haltung (bei geleasten Modellen) schon heute deutlich günstiger sein kann als der Kauf und Unterhalt eines Verbrenners. Vor allem dann, wenn man es kostengünstig laden kann. Aber auch, wenn es nicht leichtfällt, müssen wir auf die Suche nach Geschichten gehen, die eine co2-neurale Zukunft als wünschenswert erfahrbar machen. Denn „to be against“ reicht nicht, wie wir an der Niederlage von Kamara Harris gegen Donald Trump gesehen haben. Die Nachhaltigkeitsdebatte leidet an einer Fantasiearmut: „Wir sollten etwas haben, um die neue Gesellschaft (…) zu benennen“, schreibt Kohei Saito. Wir brauchen eine konkrete Vorstellung davon, wie ein gutes Leben in einer klimaneutralen Gesellschaft aussehen könnte.

In Übung 2 erprobten die Teilnehmenden einen Klimagesprächsimpuls, um mit Jugendlichen darüber zu sprechen, warum so viele junge Menschen mit der AFD eine Partei wählen, die keinen Klimaschutz will.

Der Gewinn dieses Klimagesprächsimpulses kann sein, das Zuhören zu lernen und zu verstehen, worüber genau wir mit den Schülerinnen und Schülern in weiteren Gesprächen reden müssen. Denn es wird sich in den Gesprächen zeigen, dass sich Jugendliche durch die Forderung der Erwachsenenwelt, Klimaschutz voranzubringen, überfordert und frustriert zeigen. Schließlich sind es nicht die Kinder gewesen, die bereits so viele CO2-Emissionen in die Atmosphäre gebracht haben, dass die Erde 2024 bereits für ein Jahr die 1,5 Grad-Erhitzungsgrenze erreich hat (da die Erderhitzung in 30-Jahres-Klimaepochen gemessen wird, ist die Grenze wahrscheinlich noch nicht wirklich erreicht). Die Reflexion der Erfahrungen endete mit dem Hinweis, dass wir über Politik und Wahlen sprechen MÜSSEN, wenn wir zu demokratischen Mehrheiten für mehr Klimaschutz kommen wollen. Letztlich profitieren alle Parteien von solchen Gesprächen, die schlüssige Konzepte für die Einhaltung der des Pariser Klimaabkommens vorliegen können. Und Jugendliche sind durchaus motivierbar, politisch zu denken. Besonders dann, so zeigt die Sinus-Studie, wenn soziale Ungerechtigkeiten und akute Krisen betrachtet werden.

In Übung 3 ging es unter Anleitung von Frau H., einer LiV aus dem Klimarat, um den Klimagesprächsimpuls, wie wir mit positiven Visionen Verzögerungsdiskursen begegnen können. Die Teilnehmenden simulieren ein Gespräch über eine Klimaschutzvision in einem Rollenspiel. Rolle A trug die Vision vor. Rolle B reagierte mit einem der klassischen Verzögerungsdiskurse. Rolle C blieb in einer beobachtenden Haltung und berichtete anschließend über das Gehörte.

Achim Schröder motivierte zum Nachmachen in der Schule: „Machen Sie genau diese Übung auch in Ihrer Lerngruppe! Lassen Sie sich nicht entmutigen und von Verzögerungsdiskursen verunsichern. Sprechen Sie mit Kindern und Jugendlichen über sinnvolle Klimaschutzprojekte, für die es sich zu engagieren lohnt. Wenn Sie Klimagespräche mit positiven Klimaschutzvisionen beginnen, dann sind Sie in der aktiven Position. Und steigen Sie aus jedem Gespräch durch die Wiederholung Ihrer positiven Klimaschutzvision aus. So bleibt diese in Erinnerung und nicht der Verzögerungsdiskurs!“

Achim Schröder wies auf die Verfassungsviertelstunde hin, die im benachbarten Bundesland Bayern eingeführt worden ist.

„Wir können uns vornehmen, mit einer unserer Lerngruppen eine Viertelstunde pro Woche über die Klimaerhitzung und über Klimaschutz zu sprechen. Wenn wir die 44 Unterrichtswochen zusammenzählen, kommt eine Menge Gesprächs- und Lernzeit zusammen. Und die Klimaviertelstunde kann dann zum Kristallisationspunkt für die Vertiefung von Fragestellungen im Fachunterricht werden. Wir können immer auch unsere Kolleginnen und Kollegen mit sozial- und naturwissenschaftlichen Fächern bitten, mal eine Stunde zu einer bestimmten Sachfrage zu halten. So viel Zeit für einen Exkurs aus dem traditionellen Fachcurriculum findet sich immer.“

Nach einer Pause, in der Hugh von food that’s left gerettete Lebensmittel servierte,

übernahm Johanna Kranz die Weiterarbeit an konkreten Übungen mit Klimaschutzimpulsen. „In TicToc werden jungen Menschen politisch sozialisiert. Hier treffen Sie auf Klimawandelleugnung. Deshalb sollten wir über Social Media und Klimawandel sprechen!

Die Teilnehmenden machten zwei Übungen zum Zusammenhang von sozial media und Klimaschutz und lernen so weitere Klimagesprächsimpulse für Klimaviertelstunden kennen:

und

Johanna Kranz empfiehlt, mit Schülerinnen und Schüler auf genau diese Weise induktiv zunächst auf Beobachtungsreise zu gehen, um die Gespräche über das Gesehene dann wissenschaftsfundiert mit analytischen Hinweisen vertieft zu betrachten:

In einer letzten Übung machten sich die Teilnehmenden an die anspruchsvollste „Laborarbeit“. Es wurden Klimamythen gesammelt und auf ihren populistischen Charakter hin analysiert.

Auch das kann mit Schülerinnen und Schülern genau so in Klimagesprächen getan werden: „Fragen Sie Ihre Lerngruppen, welche Klimamythen sie kennen, lassen sie welche recherchieren und ordnen Sie diese konsequent als populistisch und unwissenschaftlich ein! Denn Schülerinnen und Schüler wissen im Prinzip, dass es in der Schule wissenschaftlich zugeht!“

Johanna Kranz hat mit ihrem Ansatz Recht, denn in der Schule diskutieren wir ja auch nicht, ob die Erde eine Scheibe ist! Allerdings blieb die Frage offen, wie wir Lehrkräfte in der Weiterarbeit dann den Inhalt der Klimamythen widerlegen können. Dieser Frage wird sich der 4. Klimadidaktik-Workshop zuwenden, der im Mai 2025 an einer anderen Ausbildungsschule stattfinden wird.

Es wird dann zudem auch um die folgenden Fragen gehen:

Auch um die im Planum abschließend geäußerte Frage „Wie viel Sachkompetenz brauchen wir eigentlich, um Klimagespräche sinnvoll moderieren zu können?“ wird es im 4. Klimadidaktik-Workshop gehen.

Aus Zeitgründen konnte es hierzu keinen klärenden Austausch mehr geben. Vorab einige Anmerkungen: Die nun vorliegenden Klimagesprächsimpulse sind so gestaltet, dass sie auch ohne eine umfangreiche Sachanalysen und ohne hohe Klimaexpertise wirksame Klimagespräche ermöglichen können. Denn in den Gesprächen können Emotionen, offene Fragen und Fehlvorstellen zunächst einmal transparent gemacht werden. Es ist viel erreicht, wenn wir wissen, worüber wir weiter sprechen müssen. Und wenn wir Fehlvorstellungen dann widerlegen wollen, können wir die vielen schon vorliegenden Fachveröffentlichungen nutzen:

Die vorliegenden Klimagesprächsimpulse sollen ermutigen, die notwendigen Gespräche auf der Suche nach wirksamen und gerechten Lösungen der Klimaschutzproblematik schnell zu beginnen. Betrachten wir unsere Schülerinnen und Schüler als vernunftbegabte und an Wissenschaft interessierte junge Menschen! Unterstellen wir ihnen nicht, an Klimamythen glauben und von diesen nicht ablassen zu wollen. Dann nämlich stellt sich die Frage nach dem Widerlegen von Klimamythen erst im 2. Schritt. In der Vertiefenden Weiterarbeit, die durchaus an qualifizierte Fachkolleginnen und –kollegen delegiert werden kann.

In der Taskcard von Johanna Kranz finden sich übrigens viele Hinweise auf einen zielführenden und ganz leicht zu realisierenden Umgang mit Klimamythen!

Wer Mut zur Erprobung der Gesprächsimpulse hat, wird feststellen, dass durch das Zuhören, den Verzicht auf Belehrung und durch die Suche nach Gemeinsamkeiten und nach offenen Fragen zu guten Ergebnisse führt. Lehrkräfte müssen nicht Klima- und Nachhaltigkeitswissenschaft studieren, um Klimagespräche moderieren zu können.

Achim Schröder beendete den Tag mit dem Appell, schnell in die Erprobung an den Schulen zu gehen: „Erproben Sie die Klimagesprächsimpulse weiter“. Nehmen Sie sich vor, mindestens ein 15-Minuten-Gespräch pro Woche mit einer Ihrer Lerngruppe zu führen. Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen über Ihre Erfahrungen.“

Danke, dass wir am Georg-Büchner-Gymnasium sein dürfen. Danke an die Schulleitung, an über 60 Teilnehmende, Danke an Hugh Anderson von food that’s left für die Bewirtung, und vor allem Danke an Johanna Kranz!

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert